Pressemitteilung vom 29.8.2022
Große Aufgaben – kleiner Bildschirm: GEW Köln unterstützt die Rückgabeaktion der iPads an Grundschulen
Nachdem die Hoffnung zunächst groß war, dass der Digitalisierungsschub im Rahmen der Coronapandemie endlich auch die digitale Wüste an Schulen beendet, ist die Digitaloffensive in Köln krachend gescheitert. Derzeit läuft eine großflächige Rückgabeaktion von Dienst-iPads an Grundschulen, an der sich über 1.000 Lehrkräfte beteiligen werden, viele weitere schrecken einzig und allein aus Sorge vor dienstrechtlichen Konsequenzen davor zurück. Der Grund: die katastrophale digitale Arbeitssituation, die die Bedürfnisse des Arbeitsalltags sowie des Gesundheitsschutzes ignoriert.
Pressekonferenz der GEW Köln zusammen mit Schulleitungen und Lehrkräften:
Freitag, 2. September 2022 um 14.15 Uhr, DGB-Haus Köln (Hans-Böckler Platz 1, Tagungsraum (EG links))
Die Rückmeldungen von Lehrkräften sind erschreckend: Die Endgeräte sind nur mit einer klapprigen Reisetastatur im Kleinformat ausgestattet, es fehlt jegliche Office-Software, um die Formulare der Stadt Köln zu bearbeiten und diejenige, die in Aussicht gestellt ist, entspricht nicht den Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten der Stadt Köln. Die Möglichkeiten zur Nutzung des von der Stadt zur Verfügung gestellten Videokonferenztools sind eingeschränkt. Unerklärlich ist zudem, dass Geräte ausgewählt wurden, mit denen das vom Land gestellte Lernmanagementsystem LOGINEO LMS im Editiermodus nur sehr begrenzt bis gar nicht nutzbar ist, weshalb selbst die Medienberatung NRW von einer iPad Nutzung bei LOGINEO LMS Schulungen abrät. Hinzu kommt, dass alle Arbeit am kleinen 10 Zoll Bildschirm stattfinden muss: seitenlange Gutachten, Zeugnisse, Noten- und Klassenlisten, Lern- und Förderempfehlungen. „Weil ich keine Erlaubnis mehr für meinen PC erhalten habe, musste ich fast siebzig Seiten auf dem iPad schreiben. Der Bildschirm ist so klein und auf Dauer anstrengend für die Augen, dass ich regelmäßige Pausen einlegen musste. So geht das nicht weiter! Die PCs und Laptops in den Klassen dürfen wir nicht nutzen, da sie nur für den Unterricht freigegeben sind. Wer soll das noch verstehen?“, so eine völlig frustrierte Lehrkraft.
In der Tat ist es ein großer Unterschied, ob Geräte zur multimedialen Nutzung im Unterricht oder als vollwertige Dienstgeräte dienen sollen. Eine Kollegin klagt: „Damals wurden die Geräte als Hilfe für den digitalen Unterricht angekündigt – wir waren begeistert. Hätten wir gewusst, dass eine Annahme der Geräte auch bedeutet, dass damit später alles erledigt werden muss, hätten viele das Gerät bei uns niemals angenommen! Viele neue Kolleg*innen, die noch kein iPad haben, verfahren jetzt auch so.“
Eva-Maria Zimmermann, Geschäftsführerin der GEW Köln, erläutert: „Sowohl wir als GEW Köln als auch die Sprecher*innen aller Schulen in Köln haben die Amtsleitung der Stadt mehrfach angeschrieben und auf die Nöte und den Frust an den Schulen hingewiesen. Eine Problemanzeige wurde auf dem Dienstweg an das Ministerium gerichtet, wir haben zudem mehrfach beim Land als Dienstherrn und Zuständigen für Arbeits- und Gesundheitsschutz nachgehakt, auch, ob geprüft wurde, ob die in Köln beschafften Geräte überhaupt den Förderrichtlinien entsprechen, aber: keine Reaktion seitens des Ministeriums!“. Nach über einem Jahr, in dem die einzige Aussage der Stadt Köln war, die Beschaffung der iPads sei alternativlos gewesen, räumte der Schulträger gegenüber der GEW immerhin ein, dass diese in der Tat keinen „vollwertigen Arbeitsplatzclient unter den (…) Gesichtspunkten und Regelungen des Gesundheitsschutzes“ darstellen und dass sie „nicht als Ersatz bzw. vollwertiges und alleiniges Dienstgerät zur Erledigung aller Dienstgeschäfte“ gedacht seien.
„Da muss man sich doch fragen, auf welchen Geräten denn dann die Dienstgeschäfte erledigt werden sollen, die mit dem iPad nicht erledigt werden können! Vor allem aber muss sich die Stadt Köln die Frage gefallen lassen, wieso nicht gleich Geräte beschafft wurden, die auch tatsächlich als Dienstgeräte taugen. Es ist zudem unbegreiflich, dass das Land hier nicht interveniert und schlimmstenfalls eine Fehlinvestition in Millionenhöhe, bezahlt aus Steuergeldern, kommentarlos zulässt. So kann es nicht weitergehen. Deshalb unterstützen wir die Rückgabeaktion der iPads an Grundschulen und drängen einmal mehr darauf, sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Schulen zu orientieren. Denn sonst sind sowohl die Lehrkräfte als auch die Schüler*innen die Leidtragenden der gescheiterten Digitaloffensive in Köln“, so Zimmermann abschließend.