Große Aufgaben – kleiner Bildschirm: Wir brauchen Lösungen, keine Drohszenarien!

Große Aufgaben – kleiner Bildschirm: Wir brauchen Lösungen, keine Drohszenarien!

Foto: RGMontgomery

Pressemitteilung vom 30.9.2022

Statt auf offene Ohren für die große Problematik an den Schulen stößt die von Kölner Grundschullehrkräften als Protest gestartete Rückgabeaktion von Dienst-iPads auf unverständliche Härte: Am Freitag, den 2. September, teilte das Amt für Schulentwicklung der Stadt Köln in einem Infobrief an Schul- und Ganztagsleitungen mit, dass die Rückgabe der Geräte laut Bezirksregierung „nicht zulässig“ sei. Die Geräte seien zur Unterstützung in Pandemiezeiten beschafft worden und würde „eine Rückgabe der dienstlichen Endgeräte durch eine Lehrkraft (…) ohne nachvollziehbaren Grund“ erfolgen, so „müssten dienst-rechtliche/arbeitsrechtliche Maßnahmen geprüft werden.“. Auch das MSB stimmt in diesen Tenor ein und weist die Schulleitungen darauf hin, dass sie „von den Lehrkräften die Nutzung der dienstlich bereitgestellten Endgeräte verlangen“ könnten.

Eva-Maria Zimmermann, Geschäftsführerin der GEW Köln, ist empört: „Von Rückgaben 'ohne nachvollziehbaren Grund' kann hier keine Rede sein: Seit über eineinhalb Jahren weist die GEW Köln Stadt und Land immer wieder auf die Missstände hin, bereits im Mai letzten Jahres haben die Sprecher*innen der Kölner Schulen einen Brief an Dezernenten Voigtsberger geschrieben mit einer ausführlichen Auflistung aller Probleme in Bezug auf die iPads, es wurde eine Problemanzeige auf dem Dienstweg ans Land gerichtet. Die Stadt Köln gibt sogar schriftlich zu, dass die Geräte 'als zusätzliches Dienstgerät (…) zu verstehen' und 'nicht als Ersatz bzw. vollwertiges und alleiniges Dienstgerät zur Erledigung aller Dienstgeschäfte' gedacht seien. Statt die Not der Lehrkräfte zu erkennen und einzusehen, dass die beschafften Geräte zwar zur multimedialen Nutzung im Unterricht, keinesfalls aber zur Erledigung von Verwaltungsaufgaben geeignet sind, und die Lehrkräfte hier vor einem riesigen Problem stehen, wird ein Drohszenario aufgebaut! Besonders erschreckend ist, dass das MSB, das wir seit über eineinhalb Jahren darauf aufmerksam machen, dass es hier als Dienstherr seine Fürsorgepflicht für Arbeits- und Gesundheitsschutz und somit geltendes Recht verletzt, nun sogar Druck auf die Schulleitungen ausübt, ihr Kollegium anzuweisen, die ungeeigneten Geräte trotzdem zu nutzen.

Ein GEW-Mitglied einer Kölner Grundschule bekräftigt: „Selbst wenn die iPads nicht zurückgenommen werden, sie liegen hier an den Schulen massenweise ungenutzt in den Schubladen und sind aufgrund ihrer fehlenden Eignung als Dienstgeräte bereits 'innerlich zurückgegeben'. Das Problem löst sich nicht durch Vogel-Strauß-Taktik der zuständigen Dezernate und Dienstherrn. Schulleitungen werden ihre Kolleg:innen auch nicht dazu anweisen, die Geräte zwangsweise zu nutzen, denn erstens haben auch sie eine Fürsorgepflicht für Arbeits- und Gesundheitsschutz, die sie im Gegensatz zum MSB auch ernst nehmen. Und zweitens können faktisch viele Aufgaben mit dem Gerät nicht erledigt werden – ob mit oder ohne Zwang. Herr Voigtsberger – schenken Sie den Schulen endlich Gehör! Suchen Sie persönlich das Gespräch mit ihnen und finden Sie Lösungen für die nächste Zeit und darüber hinaus!

Auch eine Ausnahmegenehmigung zur Nutzung privater Endgeräte für all jene Aufgaben, die nicht mit dem iPad erledigt werden können, stellt keine befriedigende Lösung dar: „Sollen die Schulleitungen jetzt alle paar Wochen Ausnahmegenehmigungen für jede einzelne Lehrkraft erteilen, weil es Stadt und Land nicht auf die Reihe bekommen, die digitale Ausstattung an die Bedürfnisse in den Schulen anzupassen? Zudem haftet dann die Lehrkraft für die Datensicherheit der verwendeten Privatgeräte. Viele werden den Antrag deshalb erst gar nicht stellen, sie trauen sich nicht zu, dies zu gewährleisten. Und was dann?“, so die Grundschullehrkraft weiter.

Wie sollen dann die datensensiblen Gutachten und Zeugnisse geschrieben werden, wenn es mit dem iPad nicht möglich ist, die Lehrkräfte sich aber verständlicherweise nicht zutrauen für entsprechende Datensicherheit auf ihrem Privat-PC zu garantieren? Dabei war doch gerade die Unterstützung beim rechtssicheren Arbeiten mit personenbezogenen Daten Sinn und Zweck der Förderrichtlinie des Landes zur Beschaffung der dienstlichen Endgeräte! Aber auch das Lernen auf Distanz funktioniert nicht mit den Dienst-iPads: Das extra dafür an den Start gebrachte LOGINEO NRW Lernmanagementsystem lässt sich mit ihnen gar nicht umfassend bedienen. Bei dem in Köln bereitgestellten Videokonferenztool lässt sich auf dem iPad nicht mal der Bildschirm teilen. Man möchte meinen, dass dem Schulamt, der Bezirksregierung sowie dem MSB all dies bekannt gewesen sein sollte. Das alles ist eine unerträgliche Flickenschusterei und frei von jeder Digitalkompetenz! Die vermeintliche Alternativlosigkeit und der Druck, der jetzt auf Schulleitungen und Lehrkräfte ausgeübt wird, die in dieser Form ungeeigneten Geräte dennoch zu nutzen, sind insofern nur eine Ausrede, um die erfolgten Fehlinvestitionen zu kaschieren. Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen und jetzt hilft es nicht nachzutreten! Wir brauchen keine weiteren Drohszenarien, sondern bedarfsorientierte Lösungen, die die Schulen mit all ihren Bedürfnissen miteinbeziehen und ernst nehmen. Herr Voigtsberger, wenn Sie sich unmittelbar Zeit nehmen können, um mit der Presse zu sprechen, aber seit über einem Jahr die dringenden Anfragen der Schulformsprecher*innen ignorieren, dann läuft was schief. Wir fordern Sie auf, als zuständiger Dezernent zeitnah in persönliche Gespräche mit dem Sprecherrat der Schulen zu gehen!“, so Zimmermann abschließend.