Pressemitteilung des Arbeitskreises Schulentwicklung der GEW Köln vom 25.10.2022:
Chance vertan, doch die Ratsmehrheit will es so: Im Bezirk Kalk soll es keine zweite städtische Gesamtschule geben. Trotz eines Überhangs und einer Ablehnung von 90 angemeldeten Kindern an der einzigen Gesamtschule in Kalk, der Katharina-Henoth-Gesamtschule, wurde eine Gesamtschule auf dem Gelände der Hauptschule in Neubrück abgelehnt, die Hauptschule bleibt erhalten.
„Für einen Stadtbezirk mit besonders hoher Kinderarmut, vielen sozial benachteiligten Familien, einer hohen Migrationsdichte scheint der Ratsmehrheit eine Hauptschule ausreichend. Dies wird damit begründet, dass gerade eine kleine Hauptschule diese Kinder besonders gut fördern könne. Aber: Ein gutes Förderkonzept der Hauptschule könnte die Gesamtschule ohne weiteres fortsetzen, denn Fördern, Integration und Inklusion sind das Kerngeschäft der Gesamtschule.“, so Anne Ratzki vom AK Schulentwicklung der GEW Köln.
„Darüber hinaus aber bietet sie gerade diesen Kindern aus sozial benachteiligten Familien Chancen, die die Hauptschule nicht bieten kann: erweiterte Bildungsmöglichkeiten bis zum Abitur, Aufstieg durch Bildung. Wenn der Antrag des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und volt von der Hauptschule als „Erfolgsmodell in Sachen Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit“ spricht, widerspricht dies allen Erfahrungen und Untersuchungen. Trotz guter konkreter Arbeit an der Neubrücker Hauptschule: Diese Aussage ist zynisch. Weniger als 5 % der Eltern in Köln wählen noch eine Hauptschule. Die Eltern haben längst erkannt, dass Gesamtschulen ihre Kinder wesentlich besser fördern können, und wählen zunehmend diese Schulform“, so Ratzki weiter.
Die gut begründete Vorlage der Verwaltung interessierte die Ratsmehrheit nicht wirklich, die Verhinderung einer weiteren Kölner Gesamtschule (nach Zusestraße und Rondorf) stand auf dem Plan. Die Argumente sind fadenscheinig: Zurzeit besuchen nur 35 Kinder die 5. Klasse der Hauptschule Neubrück. Dreimal so viele Kinder, 108 Schülerinnen und Schüler, hätten ab 2023 dort in einer vierzügigen Gesamtschule gefördert werden können, hätten auch vom guten Förderkonzept der Hauptschule profitieren können, welches die Gesamtschule sicher gerne fortgesetzt hätte. Ein befürchteter Mangel an Plätzen für sogenannte Schulformwechsler*innen ab Klasse 7 ist nicht wirklich erkennbar. Regelmäßig werden an den 12 Kölner Hauptschulen mit 792 Plätzen nur etwa 300 durch Anmeldungen in der 5. Klasse belegt und ca. 250 durch Schulformwechsler*innen. Fast ein Drittel der Plätze steht dementsprechend noch zur Verfügung.
Es wäre ein dringend nötiges Geschenk für viele Eltern gewesen, wenn im nächsten Jahr 108 weitere Gesamtschulplätze zur Verfügung gestanden hätten. Dieses Geschenk hat die Ratsmehrheit verweigert. Dafür können sich Eltern, deren Kinder wegen fehlender Plätze an Gesamtschulen abgelehnt werden, beim Ratsbündnis aus CDU, Grünen und Volt sowie bei der FDP bedanken.