Gemeinsame Pressemitteilung der Fachgruppe Erwachsenenbildung der GEW Köln und des Dozierendenrates der VHS Köln vom 20.06.2024
Jahrzehntelang war es gängige Praxis in deutschen Kommunen: die Sicherung des Bildungsauftrags durch (schein)selbständige Honorarkräfte, so auch an Volkshochschulen. Alle paar Wochen ein neuer Vertrag, jahrelang. Das alles auf Kosten der Lehrenden, die als freiberufliche Honorarkräfte trotz meist schlechter Vergütung sämtliche Sozialabgaben komplett alleine stemmen müssen – so sparten die Kommunen Jahr für Jahr riesige Summen ein.
Aber nun liegen Urteile der Sozialgerichte vor, die feststellen: Dozierende an der VHS und anderswo sind nicht selbständig – sie und die VHS müssen Sozialabgaben und Rentenbeiträge zahlen. Deshalb ist klar: So geht es nicht weiter.
Eva-Maria Zimmermann, Geschäftsführerin der GEW Köln, stellt klar: „Nach dem „Herrenberg-Urteil“ geht es nicht mehr um Wollen, sondern um Müssen. Die Stadt Köln kann sich nicht länger rausreden, wenn sie sich nicht zahlreichen Klagen oder Negativprüfungen seitens der Rentenversicherung gegenübersehen möchte. Umso erstaunter sind wir zu hören, dass es bislang für die VHS offenbar noch keinerlei Plan gibt, wie die Verträge für Dozierende künftig gestaltet sein sollen.“
Zimmermann weiter: „Eine Anfrage des Ratsbündnisses an die Verwaltung blieb bezüglich der VHS bislang unbeantwortet – ebenso zeigten erste Gespräche mit der Politik, dass auch dieser noch kein Vorgehen bekannt ist. Wir können nur ganz deutlich sagen: Die Geduld der Honorardozent*innen ist am Ende! Wenn nicht zeitnah gehandelt wird, könnte dies das Ende der VHS Köln bedeuten, wie sie über 100 Jahre lang bestanden hat“.
Dabei erfüllt die VHS Köln eine ausgesprochen wichtige gesellschaftliche Funktion: Als größte Anbieterin von Deutschkursen leistet sie allein in diesem Bereich einen unersetzlichen Beitrag zur Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt. 2023 wurde die VHS Köln bundesweit für ihre Arbeit im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ausgezeichnet. Teilweise nehmen Teilnehmer*innen mehrere hundert Kilometer Fahrt in Kauf, um die weit über die Stadtgrenzen für ihre hohe Qualität bekannten Kurse an der VHS Köln besuchen zu können.
Klaus Mautsch von der Fachgruppe Erwachsenenbildung der GEW Köln und im Dozierendenrat der VHS Köln konkretisiert: „Wir fordern Festanstellungen für die Integrations- und Berufssprachkurslehrkräfte sowie für alle weiteren Arbeitnehmerähnlichen. Die Honorare in den Kursen mit geringerem Stundenumfang müssen sich an den Tarifen im TVöD für Beschäftigte mit abgeschlossenem Studium orientieren.“
Mautsch weiter zur Zukunft der Dozent*innen und der VHS Köln: „Selbstverständlich muss ein zukunftsfähiges Konzept her, um die Angebote an der VHS langfristig und nachhaltig zu sichern. Andere Kommunen zeigen, dass das aber durchaus möglich ist. In Berlin zum Beispiel arbeitet die Senatsverwaltung derzeit an einem „Drei-Säulen-Modell“, damit neue VHS-Verträge von der DRV als rechtssicher eingestuft werden können. An der VHS Dortmund sind bereits Planstellen für Integrationslehrkräfte geschaffen worden.“
Anlässlich der Sondersitzung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung am 26.06.2024 rufen die GEW Köln und der Dozierendenrat der VHS Köln deshalb von 18.30 Uhr bis 19.30 Uhr zur Kundgebung „Sicherheit für Honorarkräfte“ auf dem Theo-Burauen-Platz auf. „Mit dabei werden auch die ver.di Kolleg*innen der Rheinischen Musikschule sein, mit denen uns dasselbe Anliegen verbindet“, so die GEW abschließend.
ZAHLEN – DATEN – FAKTEN zur VHS KÖLN
Kurse, Veranstaltungen, Teilnehmende & Dozierende *(1):
- 4.866 durchgeführte Kurse und Veranstaltungen
- davon 140 Auftragsschulungen bzw. Maßnahmen
- in 156.013 Unterrichtsstunden
- mit 66.090 Teilnehmenden
- und 989 Dozierenden*
- 3.739 durchgeführte Prüfungen
*davon
- Lehrkräfte mit mindestens 20 SWS („Arbeitnehmerähnliche“):
- Lehrkräfte in Intensivkursen DaF: 20 *(2a)
- Lehrkräfte in Integrationskursen DaZ: 40 *(2a)
- Lehrkräfte in Berufssprachkursen DaZ: ca. 10 *(2b)
- Lehrkräfte in Sprachkursen (andere Fremdsprachen): 4 *(2a)
- Lehrkräfte mit 8-10 SWS:
- Lehrkräfte in Schnellkursen DaF: 20 *(2a)
- Lehrkräfte in Sprachkursen (andere Fremdsprachen): unbekannt *(2b)
DaF = Deutsch als Fremdsprache
DaZ = Deutsch als Zweitsprache
Historisches & Angebot *(3):
- 1919 aus der Universität heraus gegründet
- seit 1920 in städtischer Trägerschaft
- Das Angebot umfasst die folgenden Programmbereiche:
- o Mensch, Gesellschaft, Politik
- o Gesundheitsbildung
- o Kunst, Kultur, Kreativität
- o Sprachen (Deutsch, Alphabetisierung/Grundbildung, Deutsch als Fremdsprache Deutsch als Zweitsprache sowie zahlreiche Fremdsprachen)
- o Berufliche Bildung (EDV, Medien, Kommunikation, Management und Wirtschaft)
- o Qualifizierung und Beschäftigungsförderung
Als größte Anbieterin von Deutschkursen in Köln und mit den Einbürgerungstests leistet die VHS einen aktiven Beitrag zur Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt. Zugleich fördert sie das interkulturelle Miteinander, indem sie mit ihren Weiterbildungsangeboten Orte der Begegnung von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Lebensgewohnheiten schaffen. *(3)
Im Mai 2023 wurde die VHS Köln beim „Nationalen Preis – Bildung für nachhaltige Entwicklung“ als eine der besten BNE-Initiativen Deutschlands ausgezeichnet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche UNESCO-Kommission würdigten damit „vorbildliches Engagement und innovative Methoden“. Die VHS Köln wurde in Berlin als eine der „Top 20“-Initiativen geehrt und darf nun das Logo des BNE-Preises der UNESCO-Kommission und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung tragen. *(1)
*(1) Quelle: Jahresbericht der VHS 2023: https://vhs-koeln.de/Artikel/cmx65001982434fe.html
*(2a) Stand Frühjahr 2024
*(2b) unsere Schätzungen (genaue Zahlen wurden uns auf Anfrage hin verweigert)
*(3) Quelle: Leitbild der VHS - https://vhs-koeln.de/Artikel/titel-Unser+Leitbild/cmx548825f746ebd.html
